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5. Eintrag

Salta, 21. November 2002 (Andi)

Wir staunen beim Blick aus dem Fenster: es regnet. Ein Blick auf die Wettertabellen im Reiseführer zeigt, dass es hier tatsächlich ernst wird mit der Regenzeit. Allerdings ist es nur in einem etwa 50 km breiten Streifen von Norden nach Süden wirklich feucht. Auf der Fahrt nach Westen werden wir diesen Streifen bald wieder verlassen. Jedenfalls, heute haben wir Novemberwetter, wenn auch angenehm warm dazu. Es wird ein richtiger Ruhetag, und wir kommen erst gegen fünf Uhr nachmittag aus dem Hostal. Banken haben schon seit zwei zu, und der MasVentas verlangt für Traveller Cheques 2.5 Prozent Gebühr nebst einem schlechten Wechselkurs. Wir lassen die Cheques, wo sie sind, und ziehen mit der EC-Karten mal wieder ein paar Hundert Pesos. Dann machen wir uns auf den Weg zu einem Veloladen in der Pellegrini, der angeblich auch Importwaren hat. Wir suchen noch einen Ersatzschlauch. Gründlich durchnässt kommen wir dort an, und binnen kurzem weiss jeder in dem nicht gerade kleinen Laden, dass jetzt zwei Schweizer Ciclistas da sind. Einen Schlauch haben sie nicht in der richtigen Grösse, aber in einer wahren Telefonorgie wird die ganze Stadt abgeklopft, ob es nicht irgendwo so ein Ding hat. Entäuschend wirkt, dass wir die Velos nicht dabei haben. Dafuer müssen wir uns ins Hausbuch eintragen, was uns drastisch zeigt, dass wir “Kleinradler” sind mit unseren bisher 3 Wochen radlen. Da sind Leute zum Teil seit Jahren unterwegs, ganze Familien, das kleinste Kind hinten auf dem Tandem etc. Radler aus aller Herren und Frauen Länder.

Nach der "Wegweisung" zu einem Laden, der etwas für uns haben könnte, werden wir wieder in den Regen entlassen. Der nächste Veloladen ist merklich kleiner, aber bereits (per Telefon) über unseren Wunsch informiert, und so bekommen wir einen Pirelli, made in Brasil, mit einem nur ähnlichen Ventil, aber immerhin der richtigen Grösse. Den Ententeich-grossen Pfützen ausweichend (das Abwassersystem ist offenbar überfordert) gelangen wir zur besten Tapas-Zeit in ein halbwegs angenehmes Restaurant, wo es sogar ohne grosse Verhandlungen etwas fleischloses gibt. Der Weiterweg führt uns durch die Avenida Buenos Aires an Buchläden vorbei, von welchen wir wenigstens einen natürlich genauer inspizieren muessen. Für eine Stadt dieser Grösse (immerhin grösser als Zürich) eine enttäuschende Sache. Fernseher sind hier offenbar ein deutlich wichtigeres Medium als Printmedien; ausserdem scheint la crisis die Buchhändler besonders stark erwischt zu haben. Fast am Nordende der Stadt soll es ein kleines vegetarisches Restaurant geben. Nach geraumer Zeit erreichen wir den angegebenen Ort, aber die Türe ist geschlossen! Eine Stimme aus dem Dunklen fragt uns, ob wir tatsächlich hier hinein wollten. Es stellt sich heraus, dass die Stimme der Besitzerin gehört, die prompt für uns den Laden aufmacht. Es gibt feine Waren in diesem netten Lokal...

Salta, 22. November 2002 (Andi)

Convent in Salta
Convent in Salta. Das grosse Tor rechts von der Mitte ist das Johannisbrotbaumholztor.
Obwohl es heute nicht mehr regnet, sind wir wieder erst sehr spät auf dem Weg aus dem Hotel. Heute steht das Anthropologische Museum auf dem Programm. Auf dem Weg dorthin statten wir dem Convent einen Besuch ab, derfür sein Tor aus Johannisbrotbaumholz bekannt ist. Das Anthropologische Museum  ist relativ klein (und ein wenig schwer zu finden), aber gut gemacht und mit interessanten Stücken ausgestattet. Die Beschreibung und Bilder sind ebenfalls auf hohem Niveau. Besonders beeindruckend sind die Hochkultstätten der Inkas, die meistens auf Berggipfeln liegen, und oft genug auf Bergen mit 6000 m und mehr. Das hat den positiven Effekt, dass die Fundgegenstände und Mumien exzellent erhalten sind (besser als der Ötzi), und den Vorteil, dass es nur wenige Plünderer gab.

Kaum kommt die Sonne durch, wird es auch schon recht warm. Und schwül, wegen des gestrigen Regens. Trotzdem laufen wir einen Treppenweg auf den Hausberg, vergleichbar dem Gurten in Bern, der etwa 1450 m hoch ist (Salta liegt 1160 m). Die Aussicht rechtfertigt den schweisstreibenden Aufstieg, aber leider sind Cafeteria und Restaurant geschlossen. Also setzen wir uns ins Seilbähnli, welches von einer Oltener Firma stammt, und wackeln dem Tal entgegen. Dort brauchen wir aber auch noch eine Weile, bis wir unsere knurrenden Maegen füllen können. Am Abend Bier und Wein (hier sehr billig und gut; im Laden gute Rote für weniger als 5 Franken, in Restaurants zwischen 5 und 10) im Hostal. Beim Birt sind die dunklen Sorten wie Salta Negra oderQuilmes Bock einen Versuch wert.

Salta, 23. November 2002 (Andi)

Irgendwie hat uns, seit wir nicht mehr pedalen, eine Art Schlafkrankheit befallen. So auch heute später Tagesbeginn. Trotzdem, er ist auch so zu früh. Wir wollen ins naturwissenschaftliche Museum, um die Tiere, speziell die Voegel, denen wir bisher begegnet sind, in ausgestopfter Form (und damit nichtflüchtig) zu bestaunen. Allerdings macht das erst um 15 Uhr auf, und dann finden wir nur einen Bruchteil der im Reiseführer versprochenen Ausstellungsstücke. Aber immerhin, eine Riesen-Anaconda macht uns doch rechten Eindruck. Dafür sind die Kaimane hier selten länger als drei Meter... Es gab auch eine ganze Auswahl an Flugaffen (unsere Bezeichnung für die häufigen grünen Papageien), aber wir konnten uns nicht darauf einigen, welche wir vor allem angetroffen haben. Ausserdem ist Sibylle jetzt ganz verunsichert, ob “ihr” Gürteltier auch wirklich ein Gürteltier war; wir nennen es wohl besser Fabeltier. Immerhin, es gibt Gürteltiere in einer Reihe verschiedener Modelle. Sehr beeindruckend, oder belustigend, war der Schädel eines Ameisenbär.

Cabildo in Salta
Der Cabildo, (altes) Regierungsgebäude von Salta.
Cathedrale von Salta
Kathedrale von Salta

Den Rest des Tages verbringen wir im Cafe und mit dem Suchen von historischen Gebäuden, die sich gemeinerweise vor uns verstecken, in dem sie an Orten stehen, die so nicht im Reiseführer abgebildet sind. Mit anderen Worten könnte man auch sagen, dass das Handbook Argentina in dieser Hinsicht nichts taugt.

In der Zwischenzeit wurde in unserem Zimmer im Terra Occulta ein Deckenventilator installiert, den wir am Ankunftstag so gut gebrauchen hätten können. Möge er unseren Nachbewohnern ein nützliches Instrument sein!

Vorschau

Morgen beginnt unsere Königsetappe. Wir werden unsere Tagesetappenlaenge halbieren bis dritteln, und hoffen, dass wir mit heilen Nerven und immer noch brauchbarem Material in etwa 10 Tagen in San Pedro de Atacama (Chile) ankommen werden. Bis dahin sieht es nicht so aus, als würden wir einen Internet-Zugang haben - also nicht verzweifeln, wir melden uns sobald möglich wieder.

Allen unseren mehr oder weniger treuen LeserInnen wünschen wir eine schöne Adventszeit, und dass die diesjährige Lebkuchenernte eine gute gewesen sein mag!

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... Sibylle y Andi, 23. November 2002, Salta, Argentina