next up previous
Nächstes: 11. Eintrag, Nach oben: Index , Vorheriges: 9. Eintrag

10. Eintrag

Santiago de Chile - Puerto Montt, Freitag, 13. Dezember 2002 (Andi)

Dieser Tag taucht in unserem Bericht doppelt auf, weil er beim letzten Eintrag noch nicht fertig war. Ausserdem haben wir verschwiegen, dass Andi ein wenig gekränkelt hat, weswegen es seinerseits ein fauler Tag war. Sibylle dagegen war fleissig und durcheilte die halbe Stadt nach einem Correo, das heisst einer Post, um unsere Weihnachtspost auf den Weg zu bringen. Ausserdem machte sie sich auf die Suche nach dem Museo de la Solidaridad, welches sich von der im Reiseführer bezeichneten Adresse zurückgezogen hatte und jetzt in einer Nebenecke versteckt. Das Loch im Bauch füllten wir in unserer Neuentdeckung, dem Cafe Plaza an der Ecke Avenida Brasil, Agustinas. Danach machten wir uns reisefertig und pedalten die kurze Strecke zum Terminal Los Heroes, wo unser Bus abgehen sollte. Er machte das tatsächlich, und es wurde eine äusserst angenehme Reise mit einem Service wie im Flugzeug mit Sitzen aus der Business-Klasse. In dem ganzen Bus gibt es nur 24 Liegesitze, und sie sind sogar für Menschen von 1.9 m Länge fast bequem. Für eine Fahrt von 14 Stunden ein nicht unerhebliches Leistungsmerkmal.

Puerto Montt; Samstag, 14. Dezember 2002

Nachdem uns unser Bussteward aus den - wahrscheinlich besten seit langem - Träumen gerissen hatte und mit einem Frühstück versuchte, sich wieder Liebkind zu machen, erreichen wir gegen 9 Uhr halbwegs bei Sinnen das Terminal von Puerto Montt. Hier hören die zivilisierten Strassen auf und so etwas wie die Wildnis beginnt nach Süden hin; einzig der Camino Austral schlängelt sich für Leute mit grossen Zeitbudgets weiter nach Süden. Oder die Fähren nach Puerto Natales... Aber das alles braucht uns im Moment nicht zu kümmern. Wir satteln unsere Drahtesel und machen uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Zelten wollen wir bei dem trüben und - nach der Atacama und Santiago - ungewohnt kalten Wetter nicht. Regen liegt in der Luft. So machen wir uns auf die Suche nach der Nummer eins unserer Unterkunftsliste, dem Hostal Suizo. Nach einigen Schleifen werden wir schliesslich fündig, und es sieht sehr gut aus. Das Haus gehört einer Puerto Monttesin mit Schweizer Vorfahren. Rossy, wie die gute Dame heisst, ist eigentlich Malerin und betreibt das Wohnenlassen nebenbei. Gemäss unserer Gewohnheit bringen wir erst ordentlich Unordnung in unser vormals ordentliches Zimmer, bevor wir uns mit den Wanderschuhen und Regenjacke auf den kurzen Weg nach Downtown machen. Landungssteg in Puerto Montt
Landungssteg in Puerto Montt.

Puerto Montt hat etwa 100000 Einwohner, von welchen ganz offensichtlich nicht wenige deutschsprachige Wurzeln haben. Viele Geschäfte haben deutsche Namen, und auf den Speisekarten taucht immer wieder Kuchen auf, was meistens eine Art Apfelkuchen zu sein scheint. Ausserdem gibt es einige Indigene, vermutlich Mapuche oder von verwandten Völkern. Weiter nach Süden “säuft” die Küsten-Cordillera ab, und eine Reihe von Inseln beginnt, die sich bis Feuerland fortsetzt. Auf einigen dieser Inseln leben noch einige Indigene mit ganz eigenen Sprachen - leider offenbar die meisten vom Aussterben bedroht (sowohl die Sprachen als auch deren Sprecher). Es ist die letzte grössere Stadt nach Süden hin auf chilenischem Boden, und wenn man nicht den Camino Austral, ein Kind kranker Militärpolitik, nehmen will, muss man per Schiff oder über Argentinien in den Süden weiterreisen - oder fliegen, was nicht sehr teuer zu sein scheint.

Wir wollen allerdings, mangels Zeit, nicht weiter nach Süden (man muss sich ja noch Ziele für die nächsten Reisen offenhalten), sondern nach Osten über die Anden nach Argentinien, genauer auf eine Estancia bei Bariloche. Dazu wollen wir über die Seenroute fahren, wozu wir aber einige Abschnitte mangels Wegen mit Fähren zurücklegen müssen. Das Unternehmen, das diese Fähren betreibt, heisst Andina del Sur und bietet diese Tour normalerweise in Kombination mit Bussen an. Wir wollen aber mit den Rädern fahren, was die Dame auf der anderen Seite des Schalters recht ins Rotieren bringt. Schliesslich kann sie uns vorläufige Tickets für 58 US$ pro Nase (!) ausstellen, nachdem wir uns festlegen mussten, wann wir welche Fähre nehmen wollten. Das ist nicht so einfach, wenn man den Zustand der Wege nicht kennt... Danach wollten wir den Bahnhof besichtigen, aber wo der auf der Karte eingezeichnet ist, steht jetzt ein riesiger Betonklotz. Es wird wohl nichts mehr mit der Wiederinbetriebnahme der Bahnlinie zwischen Santiago und Puerto Montt. Auch die Pizzeria Napoli, gemäss Reiseführer die beste Pizzeria im Ort, ist vom Erdboden verschluckt worden (oder die Adresse im Reiseführer wurde von einem Zufallsgenerator erzeugt). Zu unserem Glück hat uns die Natur Nasen mitgegeben und denen folgend gelangen wir in eine andere Pizzeria...

Sonst gibt es von hier nicht viel zu berichten, ausser dass es mittlerweile sehr nass regnet.

Puerto Montt - Petrohue; Sonntag, 15. Dezember 2002

Morgenritual: “Schönmachen”, Packen, Frühstück (das letzte ist der beste und erfolgreichste Teil des Rituals). Am Tisch finden sich auch Deutsch-Kolumbianer ein, die seit Jahren kaum mehr aus Bogota herausgekommen sind, und von Autobomben in ihrer Nachbarschaft berichten und sogar eine Schweizerin (würde man doch erwarten, dass Schweizer um ein Hostal mit Namen Suizo einen Bogen machen, oder etwa nicht?). Die Luft hat sich über Nacht etwas getrocknet und wir kommen ohne Regenkleider den Hügel hinter Puerto Montt hinauf. Weiter führt der Weg ziemlich flach nach Puerto Varas am Lago Llanquihue. Das ist ein netter kleiner Ort an einem netten grossen See, an dessen Ostufer ein paar alte Vulkane stehen, gegenwärtig eingehüllt in Nebel. Es beginnt wieder zu regnen, worauf wir mit unseren wunderschönen orangenen Gore-Tex Jacken antworten. Nach einer Weile gibt der Regen auf, und wir gelangen zum Restaurant Wassermühle, an dessen Türe ein Schild mit “Deutscher Verein” prangt. Die Karte und der sehr nette Kellner sind allerdings spanischsprachig, aber ein älterer Herr am Nebentisch spricht uns mit einem norddeutschen Akzent an. Nach den üblichen Fragen - woher (aus welchem Land kommt ihr, woher (kommt ihr gerade), wohin) fragt er uns, ob wir in der Atacama Blumen gesehen hätten - was wir bejahen können (speziell die Sandunsterblichen; ausserdem gab es auf den hohen Bergen noch einigen Schnee) -, worauf er erzählt, dass es dieses Jahr in einigen Teilen der Atacama seit etwa 30 Jahren zum ersten Mal wieder geregnet hätte.

Am Llanquihue 1
Am Llanquihue 2
Am Llanquihue 3 Restaurant Wassermühle
Am Lago Llanquihue und im Restaurant Wassermühle.

Nach dem feudalen Mittagessen starten wir wieder mit schweren Bäuchen in Richtung Vulkane, die sich mittlerweile etwas freigemacht haben. Sehr beeindruckend ist der Volcano Osorno, der mit seiner fast perfekten Kegelform und trotz seiner nur 2600 m Höhe mit einem dicken Gletscherpanzer die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versteht. Ansonsten: eine Landschaft wie aus dem süddeutschen oder Schweizer Bilderbuch, und vielen Farmen mit Namen, die vermuten lassen, dass ihre Besitzer oder deren Vorfahren aus dem Heidiland kamen.

Osorno in Wolken
Vulkan Osorno, noch in Wolken.
Lago Todos Los Santos
Am Allerheiligensee.
Am Ende des Lago Llanquihue beginnt der Nationalpark Perez de Rosales. Kurz bevor die Strasse dessen Grenze überquert, überfahren wir beinahe ein Vogelspinne, ein sehr schönes Exemplar, knapp zehn Zentimeter lang. Die Strasse steigt an - der nächste See, Lago Todos los Santos (Allerheiligensee), liegt gut hundert Meter höher. Wir queren einige Bachbetten voller schwarzem Sand und kommen schliesslich (am Ende auf einer schwarzen Sandstrasse) in Petrohue an. Da das Hotel abgebrannt war und Arachnophobe zur Reisegesellschaft gehören, die Zelten bei Vogelspinnengefahr unterlassen, wenn immer möglich, müssen wir ein Zimmer in einer Cabana nehmen, was ordentlich teuer ist, aber dafür sehr bequem. Landschaft schön, viele lustige Vögel, sonst nicht viel zu berichten. 75 km, plus 250 m.


Petrohue - chilenische Grenzstation; Montag, 16. Dezember 2002

Wir müssen bis etwa 12 Uhr warten, bis die Fähre uns auflädt (sie fährt eigentlich nur zweimal am Tag, und normalerweise um 11 Uhr; dafür ist es ein schönes Katamaranboot) und uns samt Velos an das andere Ende des Allerheiligensees nach Peulla bringt. Dort versuchen wir im Büro der Gesellschaft etwas über die folgenden beiden Fähren in Erfahrung zu bringen, aber die Herrschaften dort sind unwirsch. Also ziehen wir uns in die Cafeteria des Hotels Peulla zurück, um unsere letzten chilenischen Pesos zu verballern. Das hätten wir besser nicht getan, denn es entpuppte sich dank einer Fehlbesetzung der Position des Kellners als äusserst langwierige Operation - und die Qualität des Gelieferten entsprach den Fähigkeiten des Lieferanten. Ein Mitreisender
Ein Mitreisender, fast schon wach.

Kiesstrasse bei Peulla
Kiesstrasse bei Peulla. Es wurde noch "besser"...
Am Ortsende von Peulla mussten wir die Zollformalitäten erledigen. Der Zoll ging schnell und schmerzlos, der Grenzer musste erst geweckt werden. Dann kam er mit Jogginganzug und “Sheriffstern” und gab uns die wichtigen Stempel. Der weitere Weg war landschaftlich schön, und fahrtechnisch ein Alptraum. Der Weg ist vom Typ Kiesgrube, d.h. Steinchen von Ei- bis Faustgrösse beherrschen das Geschehen. Am Ende schoben wir das meiste der etwa 18 km bis zum chilenischen Grenzposten. Ein wenig entschädigt wurden wir durch allerlei Gerüche, Geräusche und Sichtungen (Wildschweine, seltsame Vögel, Vogelspinne, Maus, Monte Tronador) - und mit Pferdefliegen (eine furchtbar bissige Spezies, die dick geschwollene Bissstellen hinterlässt). An der Grenzstation wurden wir herzlich empfangen, mit heissem Wasser versorgt und zum Zelten eingeladen. Auch der Hund war von uns angetan - wohl auch in der Hoffnung auf etwas zu fressen... Zu guter Letzt bekamen wir noch ein selbstgebackenes, sehr schmackhaftes Brot geschenkt und zur Beruhigung arachnophober Mitreisender die Versicherung, dass chilenische Vogelspinnen nicht giftig sind (und dass Füchse Pumas jagen!). Die Strecke von Peulla bis zur Grenzzstation haben wir mit der Durchschnittsgeschwindigkeit eines welchen zurückgelegt, der ein 40 km schweres Fahrrad durch eine Kiesgrube schiebt. Nach unserer Rechnung sind das etwa 4 km/h. (einige Kilometer per Schiff auf dem Lago Todos de Santos) 18 km, plus 100 m.


chilenische Grenzstation - Playa Serena; Dienstag, 17. Dezember 2002

Um sechs Uhr ist Tagwache und wir packen so schnell als möglich unsere Siebensachen. Um 12 Uhr geht eines der beiden Schiffe pro Tag über den nächsten See, und der ist 11 km und den (kleinen) Pass Perez de Rosales (700 Höhenmeter) von uns entfernt. Der Weg ist von gleicher Qualität wie bis hierher - Kiesgrube. Wir kommen sogar noch vor sieben Uhr los und verabschieden uns von den Grenzern und Monte Tronadors Nordseite - heute in Wolken. Es ist recht frisch, aber das Schieben der Velos gibt uns schnell warm. An Fahren ist nicht wirklich zu denken; nach ein paar Metern ist jeweils wieder Schluss (dank der Packtaschen ist das Schieben des Velos auch nicht sehr bequem - aber wir wollen hier ja nicht jammern). Mit zunehmender Höhe lichtet sich der Wald ein wenig, und wir bekommen ein paar Einblicke jenseits des Weges, die weiter als 3 Meter reichen; bisher war der Weg fast wie ein Tunnel oder ein enger Canyon, eingerahmt von dichten Pflanzenwänden. Die bambusartigen Pflanzen werden weniger, und wir kommen an einem Alerce-Baum vorbei, einer verwandten Art der Sequoias (an der Westküste der USA). Deren Holz ist besser nutzbar als das ihrer nordamerikanischen Verwandten; es soll speziell wasserdicht und wetterfest sein, und so wurde es für Dachschindeln und Hausbau verwendet. Mit der Folge, dass die Alerces fast verschwunden sind, und eigentlich nur noch in den Nationalparks Chiles und Argentiniens zu finden sind. Sie sollen bis zu 4000 Jahren alt werden können.

bei Puerto Frias
Oberhalb von Puerto Frias.
Recht unspektakulär erreichen wir die Passhöhe auf knapp 1100 m, wo einige Schilder und ein Torbogen die Grenze zwischen Chile und Argentinien markieren. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit bis hierher entspricht derjenigen eines, der ein gut 40 kg schweres Fahrrad aus einer Kiesgrube zu schieben versucht. Das sind etwa 2 km/h, oder 200 Höhenmeter pro Stunde. Ab hier können wir, auf der hier besseren Strasse, sogar wieder einmal fahren. Die verbleibenden 4 km sind so schnell geschafft, und wir erreichen gegen 11 Uhr die Anlegestelle von Puerto Frias. Dort ist auch die argentinische Grenzstation. Im Gegensatz zu Los Libertadores (zwischen Santiago und Mendoza) gibt es hier nur eine einzige. Nach einiger Zeit nimmt sich einer der beiden Grenzer unserer Pässe an. Der andere hat uns zwischenzeitlich heisses Wasser gemacht, so dass wir bei Kaffee die Reste des Brotes von den chilenischen Grenzern verzehren können (Der Grenzservice hier ist schon bemerkenswert.). Das Schiff wird auf halb 1 bis 1 Uhr erwartet. Solange kann man auch am Kiosk nichts kaufen, da die Verkäuferin erst mit dem Boot kommen wird.

Nach dem Mittag kommt der Bus von Peulla mit einer Ladung Touristen, die nach und nach im Grenzhaus verschwinden und mit ihren Pässen winkend wieder herauskommen. Kurz vor 1 Uhr erscheint tatsächlich das Boot am Horizont; beim Näherkommen entdecken wir sogar wieder einmal 2 Velofahrer auf dem Boot. Es sind wieder Holländer, und sie haben es recht eilig. Unser Weiterweg ist offenbar gut und nur ein kurzes Stück von etwa 3 km. Wir berichten ihnen noch kurz von unseren Erfahrungen, aber dann ertönt das Horn des Schiffes und wir müssen einsteigen. Auf der Überfahrt sehen wir noch die Ostseite des imposanten, tief vergletscherten Monte Tronadors, mit etwa 3500 m der höchste Berg in der Umgebung. Auf dem Schiff werden wir noch von einer Dame vom argentinischen Zoll gelöchert, ob wir denn kein Papier für unsere Räder bekommen hätten (schon bei der Einreise in Santiago ganz am Anfang). Haben wir nicht, und bislang hat uns bei den beiden Grenzübertritten auch niemand danach gefragt. Nun, es gibt viele Regeln in diesen Ländern, und nicht alle machen Sinn - und nicht alle kennen alle.

An der Anlegestelle von Puerto Alegre, die nicht einmal ein Häuschen hat, werden wir wieder ausgeladen (es wurde auf dem Schiff durchgesagt, dass erst die Velofahrer das Schiff verlassen!) und können uns auf den tatsächlich guten Weg nach Puerto Blest aufmachen. Lediglich das Überholmanöver der drei Busse mit den anderen Passagieren trübt das Vergnügen (durch viel aufgewirbelten Sand) kurzzeitig.

Bei Puerto Blest blühen die Ginster um die Wette, ein sehr intensives Farberlebnis. Bei einer Cafeteria versuchen wir etwas Essbares zu ergattern, was sich als Verhandlungssache herausstellt - denn fleischloses gibt es nicht. Ausserdem sind die Preise eher hoch - für argentinische Verhältnisse jedenfalls. Die Bedienung ist auch nicht unbedingt ein Muster von effizienter Organisation, aber wir bekommen, was wir wollten (Man zahlt erst, bekommt eine Nummer, gibt die an einer Theke ab, geht sich einen Platz suchen, und wird nach einer Weile durch furchtbare Lautsprecher aufgerufen; da wir als Gringos leicht zu erkennen waren, wurden wir als eight-eight (88) aufgerufen). Wir merken ausserdem deutlich, dass wir wieder in Argentinien sind: die Geräuschkulisse ist deutlich lauter als in Chile (oder zuhause).

Hundert Meter weiter war die Anlegestelle von Puerto Blest am Lago Huapi, einem riesigen See mit vielen fjordartigen Armen. Von hier sollten wir bis in die Nähe von Bariloche per Schiff kommen. Ursprünglich wurde uns gesagt, dass wir mit dem Schiff direkt bis Bariloche fahren könnten. Unterwegs stellte sich dann aber heraus, dass die Anlegestelle gut 30 km vor Bariloche liegt, im - hier - bekannten Ort Llao-Llao (Schao-Schao gesprochen); immerhin liegt das schon auf dem Gemeindegebiet von Bariloche. Das Schiff war schon da, und wurde gerade gestrichen. Also ziehen wir uns in die Bar vom Hotel Puerto Blest zurück und warten. Es gibt dort eine gute dreidimensionale Karte der Umgebung, auf der auch die Route von Puerto Montt nach Bariloche samt Höhenprofil eingetragen ist.

Wasserfall bei Puerto Blest
Wasserfall bei Puerto Blest.

Nach einer Weile, der Kaffee war gerade serviert, kommt eine der Damen der Gesellschaft und erklärt uns, dass das Schiff jetzt auf die andere Seeseite fahren würde, wo man einen Weg mit siebenhundert- ungerad Stufen hinauflaufen könnte und einen Alerce-Baum, einen See und einen Wasserfall bewundern könnte. Also, da machen wir halt mit. Es ist nicht so einfach, die Velos auf das Schiff zu bringen, da das Landungsbrückchen ein wenig zu schmal ist. Wir erzeugen einen kleinen Stau, bis wir genug Packtaschen abgenommen haben, um aufs Schiff zu gelangen.

Gemessen an dem, was wir in den letzten Tagen gesehen, gerochen und gehört haben, ist der mit Holzplanken drapierte Weg ein matter Abklatsch, und es ist amüsanter, die Leute zu beobachten, die ebenfalls den Weg mitmachen. Einige haben offenbar noch nie oder sehr selten einen Wasserfall mit eigenen Augen gesehen. Und einige stürmen vor die Alerce, lassen sich knipsen und sind 25 Sekunden später wieder auf dem Rückweg. Manchmal reicht sogar für einen Blick nach oben zur Baumkrone. Eine junge Argentinierin übt für den Wettbewerb der Miss Nervensäge mit ihren lauthals vorgetragenen Stimmungen.

Wieder am Schiff geht die Reise für über eine Stunde über den Blest-Seitenarm des Lago Huapi, bis wir in Llao-Llao anlegen, direkt unter einem berühmten Hotel, dass sehr an den Schweizer Chaletstil erinnert. Die Zimmer darin fangen bei ein paar hundert Dollar an, mit Seesicht ab 430 US$. Wir werden für heute doch ein etwas weniger exklusive Unterkunft aufsuchen, und radeln Richtung Bariloche bis Kilometer 13.5 (vor Bariloche), wo der Camping Petunia für uns ein Plätzchen hat, für 6 Pesos pro Person (etwa 3 CHF). Weil kein geeignetes Restaurant in der Nähe ist, gibt es Nudeln mit Tomatensosse auf dem Whisperlight. Dazu einen Malbec aus der Provinz Mendoza.

Playa Serena - Estancia; Mittwoch, 18. Dezember 2002

Weil wir heute nur eine kurze Strecke vor uns haben, etwa 40 km, und erst gegen sechs Uhr abends auf einer Estancia nordöstlich von Bariloche erwartet werden, trödeln wir am Morgen recht. Mit der Konsequenz, dass die Regenwolken ausreichend Zeit haben, sich zu füllen und über uns in Position zu bringen. Ihre beginnende Entleerung treibt uns gehörig an, aber heute helfen auch orange Gore-Tex-Jacken nichts: der Regen bleibt hartnäckig. Auf dem Weg nach San Carlos de Bariloche passieren wir ein Reihe nobeliger Anwesen, viele zum Verkauf. Nach mehreren unbeschadet überstandenen Überholmanövern begnadeter Automobilisten, die in der Bedienung der Hupe geübter sind als in der von Bremse und Gaspedal, kommen nach wir Bariloche, was wir uns als idyllischen Ferienort vorgestellt hatten, tatsächlich aber ein Ort mit 100000 Einwohnern mit durchwachsener Architektur ist. Wir suchen eigentlich ein Cafe oder eine Bar, um was zwischen die Zähne zu bekommen, und um an einem warmen Ort ein wenig Zeit totzuschlagen, finden aber entlang der Umgehungsstrasse nichts geeignetes bis wir am Ortsende ankommen. Wegen des Regens wollen wir nicht noch einmal zurück, und daher unser Glück in Dina Huapi, dem nächsten Ort, versuchen. Mit viel Rückenwind und Regen - ebenfalls von hinten - treibt es uns förmlich die 15 km dorthin. Und, es gibt tatsächlich ein kleines, einfaches Restaurant dort. Darin ist es warm, und trocken, und es gibt sogar was zu essen: Pommes frites und Salat. Und alle Formen von Gemetzgetem (Rind und Schaf). Nach einer geruhsamen Siesta machen wir uns auf den letzten Teil des Weges, etwa 15 km auf Sandstrasse, wenigstens von guter Qualität. Kurz vor sechs Uhr treffen wir dort ein, und werden schon erwartet. Eine warme Dusche, Essen, Schlafen... Bei Bariloche
In der Umgebung von Bariloche.

Am Lago Huapi
Am Lago Huapi.

next up previous
Nächstes: 11. Eintrag, Nach oben: Index , Vorheriges: 9. Eintrag

... Sibylle y Andi, 24. Dezember 2002, Bariloche, Argentina