Argentinien, Chile 2003/04

9. Eintrag, Etappe 13

San Pedro - Socaire - San Pedro, Donnerstag, 25.12.2003

Am Morgen um zwanzig nach sieben starte ich vom Hostal Chiloe, um an der Grenzstation festzustellen, dass die erst um 8 h aufmacht. Wie das in Südamerika so ist, heisst das im Endeffekt eher etwas später. Auch eine Gruppe Lastwagenfahrer sammelt sich nach und nach an. Mit einem Schlag stehen die in einer Schlange vor dem Schalter - und ich nebendran. Noch dazu ist ein Bus von einer Tour dazu gekommen, und deren Insassen schön hinten an der Schlange. Aber als der Schalter um viertel nach acht tatsächlich aufgeht, winkt mich der erste Mann in der Schlange nach ganz vorne. Nett, oder? Die Formalitäten sind diesmal schnell erledigt. Der Mann am Schalter findet es irgendwie wohl befremdlich, dass ich mit dem Fahrrad über den Sicopass fahren will.

Die Strasse geht erstmal geradeaus, ein wenig abwärts auf die Höhe des Salars. Nach etwa 30 km steigt sie leicht an auf Toconao (550 Einwohner, sagt das Ortschild) hin zu. Dort mache ich eine kurze Pause, um den separaten Kirchturm und die Kirche, in der gerade Weihnachtsmesse ist, zu fotografieren. Mir fällt auf, dass das Gangseil für den Umwerfer nur noch an ein paar Fasern hängt. Ersetze es am Dorfplatz, wo es sogar praktischer Weise einen Mülleimer für die Reste gibt.

Kurz vor 11 h geht es dann weiter, über immer schier endlos lange gerade Strecken, meistens leicht wellig. Kaum Wind, aber es wird heiss - das merkte man in San Pedro in den letzten Tagen dank der Bäume und in den Häusern nicht. Die Strasse steigt leicht an, und ist jetzt bis Socaire durchgehend geteert - letztes Jahr war das noch nicht der Fall.

Gegen Mittag erreiche ich das Ende des flachen St&umml;cks in es wird schön steil. Dementsprechend langsam geht es weiter. Auf der Strasse ist alle hundert Meter die Streckenlänge aufgepinselt, was einem den langsam Fortschritt quälend verdeutlicht. Nach ein paar Kilometern wird es ein wenig flacher - und Velofahrer kommen mir entgegen. Es sind zwei Schweizer, die von La Paz gekommen waren und nur einen Abstecher nach Socaire gemacht hatten. Also keine Info über den Zustand des Sicopasses.

Beim weiteren Aufstieg wachsen meine Zweifel, ob ich wirklich, alleine, den Sicopass fahren soll. Die Zweifel wachsen, als sich mein Knie wieder bemerkbar macht. Ich hatte gedacht, dass nach ein paar Tagen Pause mit Radfahren das wieder vorbei sei. Aber auch, noch einmal eine schon bekannte Strecke zu fahren, wo es noch soviele unbekannte Ecken hier gibt, lassen mir das Unterfangen als immer weniger sinnvoll erscheinen. Zu guter Letzt, die Hitze, die Wüste und den Wind habe ich irgendwie bereits in einer Überdosis genossen. Ich gebe mir bis Socaire, um einen Entschluss zu fällen. Dort komme ich um 16 h an, und alles ist zu - dabei habe ich mich so auf etwas zu essen und trinken gefreut (es gibt auch nicht viel dort). Die Menschen kommen mir etwas seltsam vor, so ich welche sehe. Ich setze mich vor einen geschlossenen Kiosko und meditiere. Nach einer halben Stunde kehre ich um. Kein leichter Entschluss.

Die Abfahrt (immer noch fast kein Wind) entschädigen erstmal, für was auch immer. Ich denke nach, wohin ich gehen soll, und favorisiere La Serena, in dessen Nähe die Observatorien La Silla, Cerro Tololo und Las Campanas sind.

Die ewig langen Geraden ziehen sich bei der Rückfahrt scheinbar noch mehr in die Länge, und die heisse, trockene Luft tut ihr Übriges. Aber es bestärkt mich in der Richtigkeit meines Entschlusses.

Erst gegen sieben Uhr komme ich in Toconao an, und kaufe mir eine Riesenflasche Coca Cola (Cola, weil es die groesste Flasche war, die es gab) - das warme Plastikflaschenwasser hatte ich heute gestrichen satt. Ein betrunkener Einheimischer (davon gibt hier heute(?) einige, scheint mir) namens Luis erzählt mir auf Spanisch-Englisch Dinge, die ich nicht verstehe. Ein Teutone bietet mir an, mich nach San Pedro mitzunehmen. Schien mir aber eher eine Höflichkeitsfloskel zu sein. Um zwanzig nach sieben geht es weiter - ich werde die 35 km nach San Pedro nicht mehr schaffen, solange es hell ist.

Ein schöner Sonnenuntergang, und (jetzt!) auffrischender Wind von vorne links. Irgendwann montiere ich meine Lampen. Das Rücklicht hat die Hitze offenbar nicht vertragen und versucht, eine Fusion mit meinem Nähsachenetui einzugehen. Ich versuche, beide möglichst sanft zu trennen. Aber ein Teil des Etuimaterials verklebt die jetzt das Lampenglas. Ich nehme es ab, in der Hoffnung, dass es die verfügbare Lichtleistung marginal erhöht und vertraue sonst auf die Reflektionsflecke auf den Ortliebs (ich versuche, sie noch sauber zu machen) - und dass die Autos mit Licht fahren.

Im Gegensatz zu Argentinien sind die Autos aber besser im Schuss und die Fahrer viel rücksichtsvoller, so dass ich letztlich um zwanzig vor zehn wieder am Zoll von San Pedro ankomme - wo immer noch der gleiche Mann wie am Morgen sitzt. Das mache er jeden Tag so, von 8 - 23 h. Hoppla, da verstehe ich schon gut, dass er am Morgen am Weihnachtstag erst eine Viertelstunde später kommt. Es geht wiederum flott mit den Formalitäten.

Ich suche kurz im Dorf nach einem Hostal und finde das Vilacoyo, welches ganz nett aussieht und erst noch nur 5000 PC kostet. Dafür bekomme ich ein eigentlichs Dreierzimmer, damit ich Platz für Rad und Gepäck habe. Ich erfahre, dass es im Dorf doch einen Bancomat gibt. Da hätte ich mir das Füttern des Money Excange mit seinen teuren Sätzen für Traveller Cheques sparen können. Ich kaufe noch eine Flasche Bier und gehe ins Cafe Export Cannelloni essen.

San Pedro - La Serena, Freitag, 26.12.2003

Am Morgen schnurstracks zum Bancomaten - es gibt ihn wirklich und er nimmt meine EC-Karte. Danach zum Turbus, wo ich einen Platz für 16:45 h in einem Salon Cama bekomme (das kostet 29000 PC, und wahrscheinlich das Rad noch mal extra was).

Danach die Sachen gepackt, und im Hotel untergestellt. Zeit, um was zu Essen. Probiere das Cafe Etnico, wo es sogar gratis Internet dazu gibt.

Ausblick

Plan geändert, ich gehe nach La Serena per Bus. Von dort dann entweder über den Paso de Agua Negra oder weiter nach Süden.

andi, 2003-12-26